Samstag, 12. November 2011

Pink Jeans

„Das würde ich lieber lassen!“, sagte Volker und legte seine Hand auf ihre Hände, die gerade die Schuhbänder aufknoteten. „Wir haben noch ein ganzes Stück Weg vor uns, und wenn du jetzt die Schuhe ausziehst, schwellen dir die Füße wegen der ungewohnten Anstrengung an. Dann kommst du in zehn Minuten, wenn wir weiter gehen, nicht mehr richtig hinein und handelst dir womöglich Blasen ein!“
Das ging Bettina nun aber doch zu weit. Sie hatte wirklich keine Lust, sich alles von Volker vorschreiben zu lassen. „Das ist mir egal!“, erwiderte sie empört und schüttelte seine Hand ab und knotete die Bänder vollends auf. Als Volker seine Hand erneut auf ihre Hände legte und versuchte, sie davon abzuhalten, die Schuhe tatsächlich auszuziehen, rückte sie mit einem genervten Schnauben einen halben Meter zur Seite und zog ihre Schuhe mit einem triumphierenden „So!“ von den Füßen.
Da Volker aber wirklich wusste, wovon er sprach, und er nun befürchten musste, dass Bettina für den Rest des Weges erhebliche Probleme beim Laufen haben würde, konnte er ihr Verhalten so nicht durchgehen lassen. Blitzschnell war er auf den Beinen und stand nun mit finsterer Miene vor Bettina.
„Zieh die Schuhe sofort wieder an, Bettina!“, sagte er scharf und fixierte seine Freundin mit einem stechenden, stahlblauen Blick. Die lächelte ihn aber nur trotzig an und schüttelte langsam den Kopf.
„Bettina, entweder du ziehst die Schuhe selbst sofort wieder an, oder ich tue es, und dann verknote ich sie so gut, dass du sie ganz bestimmt nicht mehr aufbringst!“, grollte Volker und beugte sich drohend zu ihr hinunter, die Hände in die Hüften gestützt.
Wieder spürte Bettina dieses eigenartige Gefühl in der Magengrube und nicht nur dort! Beinahe hätte sie nachgegeben, doch als sie zögerlich nach den Schuhen griff, übernahm der Widerspruchsgeist in ihr die Regie. Ohne jede Vorwarnung – und fast ohne dass sie es wirklich wollte – schleuderten ihre Arme die Schuhe in ein dichtes Gebüsch in der Nähe, wo sie im undurchdringlichen Dickicht der Dornenranken und Zweige verschwanden.
Die Stille, die dieser Aktion folgte, schien elektrisch geladen zu sein. Einen Moment lang war Bettina versucht, aufzuspringen und wegzulaufen, so sehr hatten sich Volkers Augenbrauen über ihr zusammengezogen. Aber dann blieb sie doch sitzen und grinste ihm triumphierend und herausfordernd ins Gesicht.
Und Volker kochte. Diese Göre! In letzter Zeit hatte er schon hin und wieder den Verdacht gehabt, dass in Bettina nicht nur eine charmante und liebenswerte Frau, sondern auch ein trotziger Teenager steckte. Wenn sie nun glaubte, dass er auf allen vieren durch die Dornen kriechen würde, um ihre Schuhe wiederzuholen, dann hatte sie sich gewaltig geirrt! Das würde sie schön selbst machen, und wenn sie jetzt noch eine einzige Provokation losließ, dann würde sie das mit einem verdammt roten, brennenden Hinterteil tun!
Er beugte sich tief zu Bettina hinunter, packte sie an ihren Oberarmen und zog sie hoch, bis sie auf ihren Socken stand. Dann blickte er ihr tief in die Augen und sagte gefährlich leise: „Du holst jetzt blitzschnell deine Schuhe aus dem Gebüsch und ziehst sie sofort wieder an. Und wenn du noch ein einziges Mal die zickige Fünfzehnjährige gibst, dann wirst du auch als solche behandelt, verstanden?“
Bettina trat von einem Bein auf das andere, denn die Grasstoppel stachen unangenehm durch die Socken. Ohne Schuhe sollte sie bis zu diesem Gebüsch laufen und dann noch zwischen Dornen hindurch kriechen? Niemals! Trotzig reckte sie ihr Kinn nach oben, wo Volker immer noch grimmig auf sie hinunter blickte. „Ich denke ja gar nicht daran!“, verkündete sie entschlossen und verschränkte die Arme vor der Brust.
Einen Augenblick lang dachte sie, Volker hätte nun endlich begriffen, dass sie sich nicht von ihm herumkommandieren ließ, denn er trat einen kleinen Schritt zurück. Doch das war ein Irrtum.
Volkers Geduld hatte ihr Ende erreicht. Ihre trotzige Antwort war definitiv der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Er war nur deshalb einen kleinen Schritt zurück getreten, um Bettina besser an der Hüfte packen und hochheben zu können. Mit einer Leichtigkeit, die ihm Bettina gar nicht zugetraut hätte, legte er sie über seine Schulter und schritt entschlossen zu einem Felsen, der einige Meter entfernt als perfekte Sitzgelegenheit aus dem Boden ragte, während Bettina hilflos mit ihren Fäusten auf seinen Rücken trommelte und rief: „Lass mich runter! Bitte lass mich runter!“
Aber Volker ließ sich nicht beirren. Zu lange war sie auf seiner Nase herum getanzt, und jetzt war das Maß eben voll. Ohne ein Wort zu verlieren knallte seine freie Hand mehrmals kräftig auf ihr Hinterteil, was Bettina jeweils ein lautes, zorniges „Aua!“ entlockte.
Als er den Felsen erreicht hatte, ließ er Bettina über seine Schulter nach unten gleiten, war aber darauf bedacht, ihre Handgelenke gut in seiner Linken zu sichern, so dass sie seinem Griff nicht entkommen konnte. Schließlich stand sie vor ihm, die rotblonden Locken wirr ins Gesicht hängend und vor Wut schnaubend.
„Was soll das, Volker? Lass meine Hände los, verdammt nochmal!“ Zornig stampfte sie mit den bestrumpften Füßen auf den Boden, aber die Grasstoppeln piekten so unangenehm in ihre Fußsohlen, dass ihr lautes „Aua!“ entschlüpfte.
Ohne ihre Hände loszulassen, setzte sich Volker auf den Felsen und zog Bettina zwischen seine Beine. „Was das soll?“, fragte er ernst. „Das frage ich dich, meine Liebe! Du führst dich hier wie ein trotziges kleines Kind auf, wirfst deine Schuhe ins Gebüsch und fragst mich, was das soll?“ Er schüttelte seinen Kopf und blickte Bettina dabei tief in die Augen. „Glaub mir, es ist längst überfällig, dass dir jemand mal deine Grenzen zeigt. Das, was jetzt kommt, mag für dich nicht gerade angenehm sein, aber mir wird es ein außerordentliches Vergnügen sein!“ Ein grimmiges Lächeln huschte über sein Gesicht.

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